Nun denn...
Ich persönlich mag ja nicht diese Darstellungen und den damit verbundenen Erklärungen mit den zwei Knotenpunkten die sich da immer auf einer Ideallinie zum Ziel befinden. Zum Einen weil der Pfeil nicht nur mit dieser einen Frequenz und der damit gekoppelten Biegeform schwingt, sondern auch noch mit höheren Frequenzen mit anderen Biegeformen. Zu diesen Biegeformen gehören andere Knotenpunkte die nicht mit den bekannten übereinstimmen. Alles zusammen genommen ergibt das eine komplexe Schwingung bei der kein Knotenpunkt mehr festgemacht werden kann. Aber das ist nur ein Nebendetail.
Zum Anderen - und das möchte ich hier dann veranschaulichen - bleiben diese zwei Punkte beim Abschuß eben nicht ständig auf dieser einen Linie.
Nichts desto trotz, jene Knotenpunkte gibt es, man kann sie experimentel am Pfeil lokalisieren, die Schwingung zu der sie gehören ist die größte und maßgeblichste die beim Pfeil auftritt und auch ich werde die Knotenpunkte hernehmen um meine Argumentation anschaulich zu machen.
Dazu klaue ich mir mal die schematische Darstellung von Joe Tapley indem ich wieder auf seine Webseite verlinke:
http://www.tap46home.plus.com/mechanics/arpx.htm
Nach dem Lösen verbiegt sich bekanntlich der Pfeil. Die Nocke bewegt sich seitich weg, die Spitze bleibt aber nahezu an der gleichen Stelle.
Hier die Darstellung aus dem Programm von James Park wie der Pfeil 2ms nach dem Lösen gebogen ist:
ArrowFlex_2ms.JPG
Der hintere (Nock nahe) Schwingungsknotenpunkt hat sich erkennbar von der Ausrichtungslinie abgehoben während der vordere noch dort ist wo er schon war.
Nach 4ms ist es noch deutlicher:
ArrowFlex_4ms.JPG
Wenn man nur Stellen betrachtet an denen man die Knotenpunkte erwartet, so könnte man sagen der Pfeil dreht sich weg, er stellt sich schief zur Flugrichtung.
Natürlich schwingt er wieder zurück. Betrachtet man die Verbindungslinie der Knotenpunkte so könnte man auch sagen der Pfeil klappt wieder zurück.
So sieht es aus nach 14,7ms, dem exakten Zeitpunkt wenn sich dieser Pfeil von der Sehne löst.
ArrowFlex_14ms.JPG
Worum es mir geht ist, daß die Knotenpunkte eben nicht auf einer Linie bleiben und der Pfeil so betrachtet auch in einer Ausrichtung zum Ziel hin und her schwankt bzw. kippt. Und das ist ein Beispiel eines gut abgestimmten Setups.
Bisher war immer die Rede davon das ein zu harter Pfeil weg vom Bogenfenster abdriftet und ein zu weicher nach dem Verlassen des Bogens auf die Seite des Bogens hin driftet. Also schief zur idealen Linie zum Ziel ist. Und weil er eben schief aus dem Bogen kommt, driftet er ab. Das ist die Konklusion aus der Vorstellung mit den Knotenpunkte bisher.
Das, also das der Pfeil mit einem ungewollten Winkel wegfliegt um den er dann weiter schwingt, ist ja auch richtig. Das passiert. Das passiert nicht nur wenn die Pfeilhärte falsch ist, sondern auch wenn der Button zu weit bzw. zu wenig ins Fenster hineingedreht ist oder wenn die Buttonfeder zu hart oder zu weich ist. Die Sache mit dem Button ist aber nicht so schlimm. Erstens wirkt sich das nur gering aus und zweitens kann man das super einfach korrigieren indem man die Seitenverstellung des Visiers nachstellt.
Okay, warum schreibe ich das alles wenn es bei einem zu steifen oder zu weichen Pfeil eh so ist wie man es immer hört? Und was hat das mit dem Thema Standhöhe oder Walk Back Test zu tun?
Weil das noch nicht alles sein kann was passiert. Die Vorstellung ist noch unvollständig.
Wie ich zeigen wollte bewegen sich beim Abschuß auch diese zwei Knotenpunkte ziemlich wild hin und her, zumindest relativ zueinander. Die Schiefstellung des Pfeils ändert sich ständig. Warum sollte dieser ständige Wechsel der Schiefstellung plötzlich aufhören sobald sich der Pfeil von der Sehne löst? Und genau das tuts auch nicht.
Gut, der Pfeil schwingt also nicht nur in dem der sich schwingend biegt, sondern auch die gedachte Linie zwischen den Knotenpunkten schwingt wie ein Pendel. Was aber wenn diese Schiefstellung nicht gleichmäßig, nicht symmetrisch um die Linie zum Ziel ist? Wenn das nicht ausgeglichen ist, dann würde sich der Pfeil wenn keine Gegenkraft von der Sehne mehr da ist, in ein Richtung weiter verdrehen. Die Schiefstellung wäre nicht konstant, sie würde immer weiter zunehmen. Es wäre aber fatal wenn sich der Pfeil im Flug immer weiter schief stellen würde. Im Flug gibt es dann schon eine Gegenkraft mit dem Schwerpunkt und Luftangriffspunkt am Pfeil. Und wenn der Pfeil auch noch Federn aufgeklebt hat dann sowieso und überhaupt.
Trotzdem ist hoffentlich klar das so ein Verdrehimpuls des Pfeils im Abschuß verhindert werden soll. Sonst würde die Abdrift nicht einfach linear mit der Distanz zunehmen sondern quadratisch oder exponentiell oder was weiß ich.
Keine Panik deswegen, am Tuningprozess und den Tuningmethoden ändert sich nichts. Tatsächlich ist es wieder eine Frage des Timings. Passen die Schwingungen so zur Beschleunigung das der Pfeil schlußendlich mit den geringsten Störungen aus dem Bogen raus geht.
Ich möchte nur den Gedankenhorizont erweitern damit man sich bewußt ist das man mit dem Tuning sowohl die bisher bekannte Schiefstellung als auch den Verdrehimpuls minimieren muß und kann.
Mit einem kleinen Dämpfer: James Park hat ja deshalb dieses Simulationsprogramm entwickelt aus dem ich die Bilder entnommen habe. Er hat damit herausgefunden das es leider nicht möglich ist Beides gleichzeitig auf Null zu trimmen. Einer dieser beiden Fehler ist immer - wenn auch klein - vorhanden. So gesehen ist es aber viel besser den Verdrehimpuls zu eliminieren und mit einer geringen Schiefstellung im Abflug zu leben. Die Auswirkung bleibt bei guter Abstimmung gering und wird deshalb schnell von der Befiederung korrigiert.