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abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 15. Sep 2018, 21:24
von test01
Hallo Forum,
eine Kader-Trainerin antwortete auf die Frage, warum die Elite überhaupt so hohe Zuggewichte schiesst... "ein wichtiger Grund: wegen des Windes." Davon ausgehend meine Frage: Ist es ratsamer einen schweren Pfeil zu schiessen oder einen leichteren Pfeil zu schiessen? Bei schweren Pfeil sehe ich den Vorteil, da er alle in durch seine Masse unbeirrter dem Ziel zustrebt, aber der leichte Pfeil hat den Vorteil, dass er dem Wind weniger lang auf seinem Weg zum Ziel ausgesetzt ist... Oder ist eine Mischung aus leichtem Schaft und schwerer Spitze ( "die zieht" ;) ) das Optimum ?
Klar ist mir nur, dass der Schaftdurchmesser möglichst klein sein soll und dass die Befiederung auch klein (max 2") sein sollte.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 17. Sep 2018, 11:53
von ullr
test01 hat geschrieben: 15. Sep 2018, 21:24 Hallo Forum,
eine Kader-Trainerin antwortete auf die Frage, warum die Elite überhaupt so hohe Zuggewichte schiesst... "ein wichtiger Grund: wegen des Windes."
...
Das ist wirklich der unwichtigste Grund, hohe Zugkräfte zu schießen... Aber was will man von einer Kadertrainerin schon mehr erwarten, als das Nachbeten alter Sprüche...
Davon ausgehend meine Frage: Ist es ratsamer einen schweren Pfeil zu schiessen oder einen leichteren Pfeil zu schiessen? ...
Der schwerere Pfeil hat - wenn sonst keine anderen Größen geändert werden (wird er vom gleichen Bogen und mit gleicher Auszugslänge geschossen) hinsichtlich der Windabdrift kleine Vorteile. Aber eigentlich sind diese Vorteile nicht erwähnenswert. Höhere Pfeilgeschwindigkeiten haben Vorteile hinsichtlich der Rasanz der Flugbahn, Visierfehler wirken sich geringer aus. Das wäre ein Grund hohe Pfeilgeschwindigkeiten zu schießen... *) Sich aber an Berufsschützen ein Vorbild zu nehmen, kann kontraproduktiv sein. Hohe Zugkräfte belasten die Gelenke, und das kann man leider garantieren, führt über einen längeren Zeitraum gesehen zu Gelenkschäden. Leider habe ich in meiner Schützenlaufbahn schon zu viele wahrgenommen, die das Schießen deshalb aufgegeben haben. Und der Umstieg auf Compound macht dieses Problen noch schlimmer. Die Begründung für diese Aussage ist hier (Teil 1 ) und hier (Teil 2) zu finden.
...Oder ist eine Mischung aus leichtem Schaft und schwerer Spitze ( "die zieht" ;) ) das Optimum ?...
Oh je.... Mit solchen Spielereien macht man sich nur seine Abstimmung kaputt. Dieses Geschwätz -Tschulligung- "die Spitze "zieht" " hält sich echt wie
Hundekacke am Schuh. :D
Bei einer Spitzenschützin (Lisa Unruh) habe ich im Bild mal ein Super-Detail gesehen: Sie hängt sich einen Wollfaden an die Spitze des Stabis und benutzt diesen als Windindikator. Mit ihren anderen Beobachtungen (Fahnen, Grasflächen, Büsche, Bäume) hat sie so eine saubere Information, wann die Windbö die Schießlinie erreicht, und kann taktisch klug genau im Moment der relativen Windstille an der Schießline ihren Pfeil abschießen. So machen das kluge Leistungsschützinnen. :D Die Abdrift, die der Pfeil dann noch durch Seitenwind während seiner Reise in's Gold erfährt, ist gegenüber dem Fehler, den sie machen würde, wenn ihre Waffe beim Visieren durch die Bö zur Seite gedrückt wird (Winkelfehler!!!) vernachlässigbar klein.
ullr, kein Kadertrainer... Lach :D
*) Ich lege Schützen*innen die sich von mir beraten lassen, immer den Bogen und die Abstimmung so aus, dass die maximale Abschußgeschwindigkeit bei geringst möglichen Zugendkräften erreicht wird.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 18. Sep 2018, 11:42
von test01
@ullr

der Gelenk-Exkurs (Recurve vs Compound) ist sehr interessant und macht etwas nachdenklich.
Mehr wie 38lbs werde ich garantiert nicht in Angriff nehmen, eher weniger.
ullr hat geschrieben: 17. Sep 2018, 11:53 Dieses Geschwätz -Tschulligung- "die Spitze "zieht" " hält sich echt wie
Hundekacke am Schuh. :D
da ich auch dem Argument "Spitze zieht" skeptisch gegenüber stehe... war da ein " ;) " dabei.


Lisas Wollfaden ist mir erst vor kurzem aufgefallen bei den Meisterschaften in Berlin....
https://www.youtube.com/watch?v=c8p0OBPZYmg&t=4416s
ab 1:06:15 h

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 23. Sep 2018, 08:24
von Kitty
ullr hat geschrieben: 17. Sep 2018, 11:53 Hohe Zugkräfte belasten die Gelenke, und das kann man leider garantieren, führt über einen längeren Zeitraum gesehen zu Gelenkschäden.
Was genau sind hohe Zugkräfte?
Genauer: Wie viel Pfund im Anker sind das in etwa bei männlichen und bei weiblichen Recurveschützen?

Gestern habe ich das erste man wissentlich eine Zahl gehört. Ein Schütze nannte die Pfundangabe 40#. Die Angabe stammt von einem seit Ewigkeiten im Bogensport aktiven Menschen. Der sagte zudem auch mal, dass die richtige Technik elementar wichtig ist um auch noch im höheren Alter schießen zu können.

Im alten Bogensportforum waren zwei Recurver, die nach kurzer Zeit schon mit knapp unter bzw. knapp über 50# herum gemengt haben. Einer hatte ja irgendwann auch Schulterprobleme oder andere Probleme und ist mit dem Zuggewicht runter gegangen.
In meinem Turnierumfeld habe ich ganz am Anfang, als ich noch mit Holzbögelchen unterwegs war, einen Schützen kennengelernt, der einen sehr schweren Bogen mit ca. 52# auf den Fingern geschossen hat. Seit einem Jahr kann der Mann (unter 30 Jahre alt) nicht mehr schießen.

Ich denke anhand dieser Beispiele, dass knapp 50# für Männer im Amateurbereich zu viel ist. Vor allem, wenn die Technik nicht sitzt. Die sitzt meiner Meinung nach erst nach Jahren. Das setzt auch ordentliche Betreuung voraus. Aber ich bin daran interessiert genauere Aussagen zu erhalten.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 23. Sep 2018, 08:52
von oko_wolf
Ich habe 40# auf den Fingern, schieße seit 9 Jahren und trainiere mindestens dreimal pro Woche (350...450) Pfeile. Ich werde in absehbarer Zeit reduzieren, ich werde ja nicht jünger.
Andere wettkampforientierte Recurve-Schützen meines Bekanntenkreises schießen zwischen 34# und 40#, die beiden Kaderschützen, die ich persönlich kenne, liegen deutlich höher, sind aber auch deutlich jünger und trainieren wesentlich mehr (inclusive Krafttraining).

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 23. Sep 2018, 10:02
von Kitty
oko-wolf, deine Aussagen beziehen sich vermutlich nur auf männliche Recurver??

Ich schieße in der Halle mit Wurfarme, bei denen ich 32# auf den Fingern habe. Draußen habe ich mit den in meiner Signatur erwähnten Wurfarme geschossen. Da hatte ich 34# auf den Fingern. Damit komme ich gut klar. Bin seit ca. 5,5 Jahren über 30#.

Im Damenbereich schießen ambitionierte Amateure zwischen 31# und 36#. Darüber ist selten. Blank dürfte ähnlich sein. Bei den Herren verschiebt sich das ganze um ca. 6-8#.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 23. Sep 2018, 16:52
von oko_wolf
Kitty hat geschrieben: 23. Sep 2018, 10:02 oko-wolf, deine Aussagen beziehen sich vermutlich nur auf männliche Recurver??
Ja, hab ich vergessen zu erwähnen. Bei den Damen weiss ich es nicht.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 23. Sep 2018, 18:18
von ullr
Kitty hat geschrieben: 23. Sep 2018, 08:24
ullr hat geschrieben: 17. Sep 2018, 11:53 Hohe Zugkräfte belasten die Gelenke, und das kann man leider garantieren, führt über einen längeren Zeitraum gesehen zu Gelenkschäden.
Was genau sind hohe Zugkräfte?
Genauer: Wie viel Pfund im Anker sind das in etwa bei männlichen und bei weiblichen Recurveschützen?
...
Mit dem heutigem Material (da braucht man auch nicht unbedingt richtig teure Uukha oder Borderwurfarme, aber da macht der hohe Preis wenigstens Sinn) kommt man als Schütze gut mit 35-38lbs auf 90m. Selbstverständlich hängt das auch erheblich von der Auszugslänge und auch von der Kopfform (senkrechter Abstand Auge- Pfeilnockpunkt im Endauszug) ab.
Eine Schützin braucht für 70m 28-30lbs. Ansonsten genau die gleichen Randbedingungen wie beim Schützen.
Das geht nur, wenn das Pfeil-Bogensystem konsequent auf gute Abstimmung und hohe Pfeilgeschwindigkeit optimiert ist. Das heißt nicht, dass der Nockpunkt aus Papier sein muss, - Lach...- sondern es heißt unter anderem, sinnlose Spielereien mit dem FoC zu unterlassen. ;)
Gruß, schönen Restsonntag und klar doch,
"Gut Schuß!"
ullr

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 24. Sep 2018, 02:34
von test01
ich könnte mir vorstellen, dass maßvolles Krafttraining sinnvoll ist,
zunächst bauen sich Muskeln um das Gelenk auf und später werden
Bänder, Knorpel und Knochen auch grösser/dicker. Dadurch wird
das Gelenk die geforderte Belastung deutlich besser tolerieren.

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Die Kaderschützen (15-16 Jahre), die uns in Null-Komma-Nix die Mitten aus den Stramitscheiben
geballert haben, schiessen 42-43lbs, mit Blickrichtung 45lbs. Keiner der Jungs hatte übermässig
Muskeln aufgebaut, eher schlanke bis normale Staturen, die anscheinend ausreichen technisch sauber
über 2h hinweg den Schussablauf "durchzuziehen". Dennoch fragt man sich auch, ob
Gelenkverschleiss ein Thema ist....wegen, Alter, hoher Schussanzahl und relativ hohem Zuggewicht.

Re: abdriften im Wind... Speed oder Gewicht?

Verfasst: 25. Sep 2018, 10:14
von Kitty
Ich habe vor einigen Monaten ein 70m-Turnier geschossen. Auf meiner Scheibe war eine Frau, die ca. 1 Kopf kleiner ist als ich und in etwa mit einem Auszug um 25,5" schießt. Das Zuggewicht auf den Fingern von uns beiden war 34#. Es hat an dem Tag Bindfäden geregnet. Die Dame konnte nur noch durch ein Halten über die Scheibe, ihr Pfeile auf die Scheibe bringen. Am Visier ging nichts mehr. Ich habe mit meiner normalen 70m-Einstellung ins Gold gezielt. Dass meine Gruppen dadurch deutlich besser waren, war klar.
Die Frau hat ubrigens einen 66" Bogen, ich einen 68" langen Bogen.
Ich denke unter anderem anhand dieses Beispiels auch, dass kleine Frauen mit entsprechend kleinen Auszügen schon eher Richtung 34# kommen müssen. Mit guten körperlichen Voraussetzungen reichen die Werte von ullr gut aus. Mit einer Billigausrüstung, vielleicht 30# und irgendwelchen Carbonpfeile habe ich auch die ersten Versuche auf 70m gemacht.

Hier zeigt sich auch wieder, dass viele unterschiedliche Meinungen zu einem Thema kursieren. Manche Trainer versuchen ihre Schützen ja auf das maximal von ihnen schiesßbare Zuggewicht zu trimmen. Frauen liegen da auch bei ca. 38#. Andere Trainer gehen den Weg von ullr. Wenn es darum geht möglichst noch lange den Bogensport zu betreiben, dann erscheint der Weg von ullr sinnvoller.