Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Methodik, Mentales, ...
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b_der_k_te
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Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von b_der_k_te »

Vor einigen Tagen ist mir eine Arte Doku über Propriozeption aufgefallen die mich fasziniert hat. Diese möchte ich hier mit Euch teilen, nicht nur weil es interessantes neues Allgemeinwissen beinhaltet, sondern weil ich da wichtige Verknüpfungen mit Bogenschießen und dem Training dafür sehe.

Es geht allgemein gesprochen über das eigene Körpergefühl, Körperempfindung und wie unbewußt weil selbstverständlich wir es normalerweise wahrnehmen.
Besonders ab Minute 38 konnte ich eine gute Verbindung mit dem Bogenschießen ziehen. Ab da wird eine Kunstflugstaffel vorgestellt deren Mitglieder sich durch fast tägliches mentales Training ihre präzisen Bewegungsausführungen perfektionieren.
Mir war voher nicht so bewußt wie mentales Training auf die physische Bewegungskontrolle Einfluß nehmen kann. Ich habe es zuvor viel zu streng voneinander getrennt. Mentales Training für das Unterbewußtsein, physisches Training um die Bewegung zu verfeinern.

https://youtu.be/CbQDG09c0Jk?t=1774
beginnend bei Minute 29:34, bis Minute 42:30 für Bogenschützen empfehlenswert. (Natürlich kann man sich jederzeit die gesamte Doku ansehen.)
Man muß nur aufpassen, die Bildsprache ist oft so ausdrucksstark und einnehmend, sodaß man sich davon ablenken läßt und das Gesprochene und damit wichtiges überhört und verpaßt.
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ullr
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von ullr »

Das ist ein ganz tolles Video, herzlichen Dank für den Link. Ich werde diesen Link in den Bereich "Mentaltraining" auf meiner Website einbauen.
Ich persönlich bewundere die Körperbeherrschung und die Koordination beim Ballett immer auf's Höchste. Klar, bei Artisten ist es noch komplizierter...
Gruß, bleib gesund und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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rstoll
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von rstoll »

Schade dass mir im Moment die Zeit für einen tiefergehenden Beitrag fehlt.

Was ich aber aus meiner Beobachtung sagen kann ist, dass viele der am besten zu trainierenden Schützen (ich spreche jetzt mal für den Kinder-/Jugendbereich) eine Grundlage aus dem Kinderturnen hatten. Mit ihnen fiel und fällt es viel leichter, Bewegungsabläufe zu üben und zu reflektieren. (b_der_k_te, da haben wir uns ja schon unterhalten) Die Körperwahrnehmung ist einfach da und wo andere noch die Nase für die Sehne 10cm vor dem Gesicht verorten oder den Kieferknochen am Ohrläppchen spüren, eine Körperhaltung wie ein leerer Sack für eine aufrechte Halteung empfinden, ist hier einfach sehr schnell das richtige Verorten und eine gute Rückmeldung da.

Vielleicht habe ich es falsch aufgenommen, aber aus dem Bericht kam es für mich so an, dass sich diese Körperwahrnehmung eine zwangsläufige Entwicklungskurve hat. Meiner Meinung nach lässt sich diese aber eben auch im Kindesalter sehr gut beeinflussen und durch regelmäßiges Trainieren auch langfristig erhalten.

Und wie im Film aufgezeigt, ist ein Rückgang der Kurve im fortgeschrittenen Alter erkennbar. Auch das konnte ich in der Praxix verfolgen, hatte dabei auch das Gefühl, dass eine positive Veränderung länger dauert.

Das mentale Vorstellen und Abarbeiten der einzelnen Bewegungsphasen/-schritte halte ich für einen sehr guten Ansatz. Speziell bei den Skiläufern (und besonders bei den Bobfahrern) sieht man das ja auch immer mal wieder im Fernsehen, wie sie die Strecke mental abfahren. In Berichten wurde da auch schon gezeigt, wie sich solche mentale "Vorläufe" und die tatsächlichen Runden/Rennen eine sehr hohe zeitliche Deckungsrate erreichen.
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ullr
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von ullr »

rstoll hat geschrieben: 21. Mai 2020, 10:19 ...
Das mentale Vorstellen und Abarbeiten der einzelnen Bewegungsphasen/-schritte halte ich für einen sehr guten Ansatz. Speziell bei den Skiläufern (und besonders bei den Bobfahrern) sieht man das ja auch immer mal wieder im Fernsehen, wie sie die Strecke mental abfahren. In Berichten wurde da auch schon gezeigt, wie sich solche mentale "Vorläufe" und die tatsächlichen Runden/Rennen eine sehr hohe zeitliche Deckungsrate erreichen.
Ja. Ganz genau. Und danke für diesen Post... Den Leuten, die ich mit Edelgard im Bogenschießen ausbilde, denen gebe ich, manchmal schon am Ende des Kurses mit, sie sollten sich mit autogenem Training beschäftigen. Das kann man, wenn man denn Willens ist, leicht lernen. Da gibt es gute Bücher. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Rat ist, es anzuwenden. Vorbereitung:
Sich hinzusetzen und den Bewegungs/Konzentrationsablauf in ca 20 Punkten beschreiben und aufschreiben. Aus diesen zwanzig Punkten werden ganz persönlich 10 Punkte (ja, ja, Grins... ab und zu kann man ja was aus der Bibel gebrauchen... ;) ) ausgewählt, und auf einem Merkblatt niedergeschrieben.
Das wird auswendig gelernt. Genauso wie das Mantra zum autogenen Training.
Auf dem Schießplatz bauen die Schützen*/Innen ihre Ausrüstung auf, und dann setzen sie sich abseits hin, schließen die Augen, starten autogenes Training und gehen dann Punkt für Punkt Ihren Merkzettel durch. Das machen sie zwei oder dreimal *)und kommen dann aus dem autogenen Training zurück.
Das nenne ich "Vorbereitung auf die Trainings- oder Wettkampfzeit". Markus Wagner machte mich mal auf dieses Video aufmerksam, dass die Grundlage meiner Empfehlung ist:
"höher, schneller, weiter" von arte
Darin wird beschrieben, dass sich Muskelgruppen, Bewegungsabläufe im Gehirn trainieren lassen durch -jetzt laienhaft von mir gesagt- nur "daran Denken".
Ich bin überzeugt davon, dass hier der Erfolg der mentalen Vorbereitung liegt. Und die Propriozeption geht genau in diese Richtung.
Der -nein, leider kein- Witz bei der Sache ist, dass Ich das schon Jahrzehnte vorher im vorigen Jahrtausend bei einem Trainingslehrgang beim DSB in Wiesbaden "Freie Pistole" erfahren habe... Bisher ist noch kein ABC Trainer mit denen ich versucht habe mich darüber zu unterhalten und diese Art der Vorbereitung und Schulung in das offizielle Training einzubauen, auch nur darauf eingegangen bzw. hat Anstalten gemacht in dieser Richtung zu trainieren.
Und leider auch kein Witz, machen tut es Schütze*In. Keine/*r. Dafür spielen sie aber 10min Windmühlen und flitschen blödsinnig mit den Theraband rum... Körperliches Aufwärmen ist m.M.n nach unwichtig, da müßte man sich nach jeder Passe "Aufwärmen" :lol:
Gruß, bleibt gesund und klar doch
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Christian
P.S. Und wer ein wenig Sarkasmus und Resignation aus diesem Post herausliest, liegt so falsch nicht... :D
*) zus. Erläuterung: das bedeutet zwei oder drei virtuelle Schüsse.
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rstoll
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von rstoll »

@ullr: Danke für den Link und weitgehende Zustimmung zu Deinen Ausführungen- Bis auf einen Punkt:
ullr hat geschrieben: 21. Mai 2020, 10:19 Dafür spielen sie aber 10min Windmühlen und flitschen blödsinnig mit den Theraband rum... Körperliches Aufwärmen ist m.M.n nach unwichtig, da müßte man sich nach jeder Passe "Aufwärmen"
Unter dem Gesichtspunkt des "Aufwärmens der Muskulatur" bzw. eines körperlichen Trainingseffektes gebe ich dir Recht (obwohl, bei einigen Schülern habe ich den EIndruck, dass das schon mehr als das wöchentliche Fitnessprogramm darstellt). Unter dem Gesichtspunkt "Ankommen", Erreichen eines gemeinsamen Levels ("Einnorden" von Hyperaktiven, Aktivieren von Lethargie-Spezialisten; wir haben im Jugendtraining unter dem Gesichtspunkt 10-20 Individualisten) halte ich das ganze für durchaus sinnvoll, geht dann aber auch eigentlich wieder in den mentalen Bereich.
Wir haben da auch immer eine Minimaleinheit "Körperwahrnehmung" mit im Aufwärmprogramm: Mit geschlossenen Augen wechselweise auf dem linken und rechten Fuß stehen und mit dem freien Fuß Kreise oder 8er beschreiben.
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ullr
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von ullr »

rstoll hat geschrieben: 21. Mai 2020, 21:09 ...
Wir haben da auch immer eine Minimaleinheit "Körperwahrnehmung" mit im Aufwärmprogramm: Mit geschlossenen Augen wechselweise auf dem linken und rechten Fuß stehen und mit dem freien Fuß Kreise oder 8er beschreiben.
Super...
Es gibt noch Hoffnung. Möglicherweise bin ich aber auch nicht auf dem richtigen Informationsstand.
[OT]
Ist denn irgendwo ein vernünftiges Buch über Bogenschießen herausgekommmen? Ähnlich "Mit System in's Gold" von Ulrich ... Das war ein toller Ansatz. Leider wurde er nicht weiterverfolgt.[/OT]
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mark1968
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von mark1968 »

Hallo zusammen,

ich grabe den alten Post mal wieder heraus, wenn ich darf. ;)
Die Propriozeption ist für uns im Bogensport einer der wichtigsten Sinne, die wir haben. Bei den Übungen hier bin ich bei Euch, um diesen zu schulen/trainieren. Aufpassen müssen wir nur bei den Begriffen, was dazu genutzt wird.

Autogenes Training:
Es dient zur grundsätzlichen eigenen Entspannung. Die innere Ruhe zu finden, die man vielleicht vor einem Turnier braucht. Es ist ein auf Autosuggestion basierendes Entspannungsverfahren.

Visualisierung:
Hier stellt sich der Schütze seinen Bewegungsablauf z.B. als Film detailliert vor. Dieses für den "Punkteplan des Schussablaufs", wie Christian ihn erwähnt hat, zu nutzen ist die gängigste Methode. Wie viele Punkte man hier setzt, bleibt jedem selbst überlassen. Es sollten nicht zu viele sein. Mit den finalen 10 bin ich schon bei Christian.

Ideomotorisches Training:
Das läuft im Grunde genau so ab, wie die Visualisierung, jedoch soll hier der Schütze aber zusätzlich auch alle detaillierten Emotionen nachempfinden.

Bei der Ideomotorik sollte man noch erwähnen, dass alles aus der eigenen Sichtweise (Innenperspektive) gesehen wird. Daneben gibt es die Variante der verdeckten Wahrnehmung, wo man sich selbst als Beobachter (von außen) betrachtet. Diese verdeckte Wahrnehmung kann bei der Visualisierung durchaus auch angewendet werden.
Wichtig bei den beiden letzten ist auch zu wissen, dass sich das Vorstellen eines Bewegungsablaufes eine mentale Anstrengung bedeutet. Wer einmal eine Trainingseinheit mit 36 Pfeilen geschossen hat und dazu vor jedem Schuss sich den Ablauf visualisiert hat, wird merken, dass er viel erschöpfter ist, als wenn er "nur einfach so" geschossen hat. Unserem Gehirn ist es nämlich recht egal (wie schon öfters erwähnt) ob wir eine Bewegung real physisch ausführen oder uns diese nur vorstellen. Bis zu dem Punkt, wo die Muskeln den Befehl ausführen, ist die mentale Belastung/der mentale Vorgang fast identisch. Es gibt inzwischen einige wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Mentaltraining durchaus helfen kann, Muskelmasse aufzubauen. Vor allem aber ist es durch Mentaltraining einfacher, komplexe Bewegungsabläufe zu trainieren und zu konditioneren.

Gruß
der Markus
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ullr
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von ullr »

Das kann man garnicht häufig genug immer wieder nach vorne zu holen. Es ist in meinen Augen eine der wichtigsten Trainingseinheiten beim Sportschießen. Ich habe es versucht, meinen Schützlingen so früh wie möglich einzuprägen, aber da keinerlei Unterstützung vom Verein kam, wurde dieser Ansatz nie wirklich weiterverfolgt. Windmühlenspiele, unnütze Bewegungen, keinerlei Ansätze einer mentalen Vorbereitung: Ignoranz der zuständigen Trainer und Vereinsverantwortlichen...
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Re: Propriozeption Köpergefühl & Mentales Training

Beitrag von mark1968 »

ullr hat geschrieben: 13. Okt 2021, 10:41 Das kann man garnicht häufig genug immer wieder nach vorne zu holen. Es ist in meinen Augen eine der wichtigsten Trainingseinheiten beim Sportschießen. Ich habe es versucht, meinen Schützlingen so früh wie möglich einzuprägen, aber da keinerlei Unterstützung vom Verein kam, wurde dieser Ansatz nie wirklich weiterverfolgt. Windmühlenspiele, unnütze Bewegungen, keinerlei Ansätze einer mentalen Vorbereitung: Ignoranz der zuständigen Trainer und Vereinsverantwortlichen...
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Mentaltraining wird leider immer noch stiefmütterlich behandelt. Es gibt zwar immer mehr Mentaltrainer inzwischen, jedoch sehe ich hier auch oft das Problem, dass es häufig als eine neue, extra zu erlernende Technik präsentiert wird.
Mentaltraining ist aber in meinen Augen immer Bestandteil unseres Seins. Wir sind uns dessen nur nicht wirklich immer bewusst. Daher habe ich bei meinen Workshops zwar auch durchaus Werkzeuge, die die mentale Arbeit, das Training und Turniere erleichtern sollen, aber im Grunde geht es mir im ersten Schritt darum, dass wir uns und unser Gehirn einfach besser verstehen lernen. Und die Dinge bewusst machen, die sonst un- und unterbewusst ablaufen. Konditionierung, Langzeitpotenzierung, all unsere Sinne und und und. Wenn wir wissen, was da in unserem Köpfen passiert, fällt es viel leichter, damit dann auch zu arbeiten. Ich möchte eben nicht nur wissen, DASS etwas funktioniert, sondern ich will auch wissen WARUM.
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