Kein Spaß mehr

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NichtMehrDa01

Kein Spaß mehr

Beitrag von NichtMehrDa01 »

Hallo zusammen!

Eine Frage an die sportpsychologisch bewanderten unter euch... Bei mir hat sich so langsam ein neues Phänomen eingeschlichen: Je besser ich schieße, desto weniger Spaß habe ich daran. Zwei Jahre lang habe ich mich kontinuierlich gesteigert, viel Freude daran gehabt und meine Motivation auch aus der stetigen Verbesserung gezogen.

Aber neuerdings merke ich, wie sehr es mich stresst, den Fokus ein ganzes Training lang so hoch zu halten, dass ich am Ende des Tages mit meiner Leistung zufrieden sein kann. Jede Menge mentale Energie... und hinterher bin ich echt platt. Aber selbst wenn es mir gelingt meine Leistung zu bestätigen, kann ich mich darüber nicht mehr freuen. Das ist es halt, was ich von mir erwarte. Und wenn ich mich weiter verbessere, denke ich nur "Oh, mein Gott! jetzt musst du dieses Niveau halten". :roll:

Ich würde gerne mal ein lockeres Spielchen einschieben - Tic-Tac-Toe, oder so. Aber da bin ich leider der einzige. Hat das schonmal jemand von euch erlebt (und überwunden), oder irgendeinen Tipp wie ich wieder mehr Spaß am Sport haben kann?

Grüße!
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mark1968
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Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von mark1968 »

Hallo NichtMehrDa01,

das Phänomen kenne ich durchaus von einigen meiner Schützen. Aus den verschiedensten Gründen. Zurzeit fällt halt immer mal in Gesprächen auf, dass die doch recht einschränkende Coronazeit hier durchaus mal eine Rolle mitspielen kann. Es gibt sicherlich nicht den einen Tipp, um die Lust zurück zu bringen. Aber es gibt durchaus Ansätze, über die man einmal nachdenken kann.

1. Fehlt es an Motivation, weil die früher mal gesteckten Ziele nun erreicht sind? Sollte man sich daher neue, höhere Ziele stecken?
2. Vielleicht ist auch der bisherige Bereich, in dem man schießt nicht mehr so reizvoll wie bisher. Wäre ein Wechsel hier eine Idee? (Von Scheibe zu Feld oder 3D oder umgehrt)
3. Hat man vielleicht auch Lust, die Bogenart selbst zu ändern und sich dort neue Ziele zu setzen und zu erreichen? (Recurve zu Compound oder traditionell oder umgekehrt)

Letztlich geht es ja darum, dass Du wieder "Spaß" am Sport hast. Lass Dir vielleicht einfach mal die verschieden Ansätze, die ich hier genannt habe durch den Kopf laufen und vielleicht findest du für dich dort ja schon Lösungsansätze. In jedem Fall denke ich, brauchst Du neue Anreize, Ziele, Herausforderungen. Und die hat dann ohne dass Stress aufkommt.

Ich wünsche dir in jedem Fall, dass Lust daran bald wiederkommt. :)

VG
der Markus
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bkr_hro
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Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von bkr_hro »

ja... kenne ich irgendwie

Man trainiert, schiesst, steigert sich, erreicht ein gewisses (hohes ... man definiere : hoch (welches Smiley passt hier ?) ) Niveau.
Und dann hat man scheinbar -oder auch in Wirklichkeit - sein Max-level erreicht.
Mehr als 100% geht nun mal nicht..., und das Halten dieses hohen Standes ist schwer, wird scheinbar immer schwerer.
Man möchte gerne Mehr, aber siehe 100%.

Dazu kommt:
Zwischendurch hat man möglicherweise Lehrgänge besucht, das Internet durchforscht, ist insgesamt schlauer geworden.
Man erlebt, welchen (negativen Einfluss) klein(st)e Fehler haben können.
Weil man diese Fehler kennt, deren Wirkungen kennt, beginnt man, sich zu beobachten, versucht angestrengt, diese Fehler zu vermeiden....
Die innere (Selbst)Sicherheit schwindet.

Die Lockerheit von früher (als man "einfach nur geschossen" (und wegen dieser relativen Unbekümmertheit auch getroffen hat) ist weg.

Schwer, dann wieder zu sich zu finden, sich selbst, seine Erwartungen an sich selbst neu ""zu justieren.
NichtMehrDa01

Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von NichtMehrDa01 »

Hallo Markus,

vielen Dank, dass du dich hier einbringst! Tatsächlich tut es bereits gut, das einfach mal gesagt zu haben. Und wenn mein Klagen auf Verständnis stößt, dann umso mehr. Es ist schon einmal wichtig zu wissen, dass ich mit meinem Problem nicht so ganz alleine bin. Tatsächlich hat die Coronazeit ziemlich an mir gezehrt und ich würde mir wünschen, dass da zumindest ein Grund zu suchen ist. Möglich wär's auf alle Fälle.

Mit deinen Vorschlägen muss ich mich tatsächlich selbstkritisch auseinandersetzen. Also reflektieren und mich für Optionen versuchen zu öffnen, die für mich bislang keine waren. Abwechslung, egal in welcher Form, könnte wohl helfen. "Höhere Ziele" hätte ich jetzt instinktiv erst einmal weit von mir gewiesen, aber vielleicht ist ja auch da was dran. Bisher habe ich mich ja auch von Ziel zu Ziel gehangelt und darin meine Motivation gefunden. Der Versuch den Status einfach nur zu halten, führt aber vielleicht zur Angst vor Statusverlust. Da muss ich mal drüber nachdenken.

Vielen Dank!
Andreas
NichtMehrDa01

Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von NichtMehrDa01 »

bkr_hro hat geschrieben: 19. Mär 2022, 20:26 Die Lockerheit von früher (als man "einfach nur geschossen" (und wegen dieser relativen Unbekümmertheit auch getroffen hat) ist weg.
Da sagst du was! Unbekümmertheit - das ist mir tatsächlich abhanden gekommen. Da drängt sich mir immer das Bild vom Schneeballwerfen auf. Und auch wenn es vielleicht etwas seltsam klingt, das Bild von Steve Wijler. Bei dem hatte ich immer das Gefühl, dass er schelmisch lächelt, wenn er schießt. Das war mir immer ein Vorbild.

Interessant auch das mit den 100%. Vielleicht ist es egal, ob ich da schon bin, oder ob nach oben noch was geht. Der Versuch sich trotzdem weiter zu verbessern, könnte sich "leichter" anfühlen als das Halten des Status Quo. Und letztlich habe ich eigentlich immer nur noch auf "halten" geschossen - mit dem Druck es vielleicht nicht halten zu können.

Vielen Dank!
Andreas
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mark1968
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Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von mark1968 »

NichtMehrDa01 hat geschrieben: 19. Mär 2022, 20:34 Hallo Markus,

....Tatsächlich tut es bereits gut, das einfach mal gesagt zu haben.
Hallo Andreas,

Viele unterschätzen immer noch den Unterschied zwischen dem "gedachten Wort" und dem "gesprochenen Wort" (hier in dem Fall das geschriebene). Es hilft doch immer sehr, wenn solche Gedanken einfach mal "raus" sind. Ob man sie einfach mal für sich aufschreibt oder einen Gesprächspartner hat... beides kann sehr hilfreich sein. Ich habe auch Schützen, die schicken mir schon mal Sprachnachrichten, die gerne mal 30 Minuten (oder länger) sind, um sich ihren Frust von der Seele zu reden. Und es wird noch nicht Mal immer eine Antwort erwartet. ;)
NichtMehrDa01 hat geschrieben: 19. Mär 2022, 20:34 ....Tatsächlich hat die Coronazeit ziemlich an mir gezehrt und ich würde mir wünschen, dass da zumindest ein Grund zu suchen ist. Möglich wär's auf alle Fälle.
Ich glaube, dass die letzten beiden Jahre viele von uns sehr beeinflusst haben. Vorher gesteckte Ziele oder Pläne konnten einfach nicht erreicht werden, weil ausreichendes Training nicht immer möglich war oder nur unter erschwerten Bedingungen. Da blieb die Motivation schon mal auf der Strecke und Selbstzweifel kamen hoch.
NichtMehrDa01 hat geschrieben: 19. Mär 2022, 20:34 Mit deinen Vorschlägen muss ich mich tatsächlich selbstkritisch auseinandersetzen. Also reflektieren und mich für Optionen versuchen zu öffnen, die für mich bislang keine waren. Abwechslung, egal in welcher Form, könnte wohl helfen. "Höhere Ziele" hätte ich jetzt instinktiv erst einmal weit von mir gewiesen, aber vielleicht ist ja auch da was dran. Bisher habe ich mich ja auch von Ziel zu Ziel gehangelt und darin meine Motivation gefunden. Der Versuch den Status einfach nur zu halten, führt aber vielleicht zur Angst vor Statusverlust. Da muss ich mal drüber nachdenken.

Vielen Dank!
Andreas
Es hilft meistens, einfach mal einen Schritt zurückzutreten und die Sache nüchtern, neutral von außen zu betrachten. Dabei ergeben sich oft neue Sichtweisen und somit auch neue Möglichkeiten.

Gerne doch und Gruß
der Markus
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NichtMehrDa01

Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von NichtMehrDa01 »

mark1968 hat geschrieben: 20. Mär 2022, 10:20 Ich habe auch Schützen, die schicken mir schon mal Sprachnachrichten, die gerne mal 30 Minuten (oder länger) sind, um sich ihren Frust von der Seele zu reden. Und es wird noch nicht Mal immer eine Antwort erwartet. ;)
Du hörst sie dir aber trotzdem bis zum Ende an, oder? :lol:
mark1968 hat geschrieben: 20. Mär 2022, 10:20 Es hilft meistens, einfach mal einen Schritt zurückzutreten und die Sache nüchtern, neutral von außen zu betrachten. Dabei ergeben sich oft neue Sichtweisen und somit auch neue Möglichkeiten.
Man ist sich oft selbst der schlechteste Berater. Sagt man nicht so? Ich glaube das stimmt. Auch wenn ich versuche, (m)eine Situation sachlich zu analysieren, ist es immer noch eine ganz andere Sache mit jemandem darüber zu sprechen. Aus dem Dialog ergeben sich häufig Aspekte, Hinweise und Perspektiven, auf die man für sich alleine nicht (so schnell) kommen würde.

Viele Grüße!
Andreas
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mark1968
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Re: Kein Spaß mehr

Beitrag von mark1968 »

NichtMehrDa01 hat geschrieben: 20. Mär 2022, 16:28 Du hörst sie dir aber trotzdem bis zum Ende an, oder? :lol:
Auf jeden Fall. :lol: Manchmal auch ein zweites Mal, wenn ich das Gefühl habe, doch etwas evtl. nicht richtig aufgefasst zu haben.
NichtMehrDa01 hat geschrieben: 20. Mär 2022, 16:28 Man ist sich oft selbst der schlechteste Berater. Sagt man nicht so? Ich glaube das stimmt. Auch wenn ich versuche, (m)eine Situation sachlich zu analysieren, ist es immer noch eine ganz andere Sache mit jemandem darüber zu sprechen. Aus dem Dialog ergeben sich häufig Aspekte, Hinweise und Perspektiven, auf die man für sich alleine nicht (so schnell) kommen würde.

Viele Grüße!
Andreas
Stimmt. Neutrale Selbstanalyse ist etwas nicht wirklich Einfaches. Musste mal den Hannes fragen, dem ich so manches mal im Spiegel da was erzähle. Der könnte dir Geschichten erzählen. :lol: :lol:
Aber Spaß beiseite.. klar, ein guter Zuhörer kann Dir da schon mal eine andere Sichtweise aufzeigen oder einen anderen Lösungsweg, den Du selbst vielleicht gerade nicht auf dem Schirm hast, obwohl es/er vielleicht das Naheliegendste ist. Sich selbst aus der Beobachterperspektive (verdeckte Wahrnehmung) zu betrachten ist nicht immer ganz einfach. Die notwendige Ehrlichkeit sich selbst gegenüber fällt manchen doch recht schwer. Aber man sie lernen und merkt dann auch sehr schnell, dass es hilfreich sein kann. Letztlich ist das "Gespräch mit dem richtigen Gegenüber" immer eine sehr gute Möglichkeit, die man nutzen sollte.

Gruß
der Markus
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