Pfeilschwingung/Eine These

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b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

rstoll hat geschrieben: 15. Dez 2023, 13:44 Verstehe ich richtig dass Du "gieren" meinst?
Ganz genau - danke für das Bild.
Und um es nochmal zu betonen: dieses Gieren wird nicht durch die Eigenschwingungen verursacht (es sei denn jemand belehrt mich eines Besseren). Die Ursache für das Gieren ist der Abschuß und die Reaktion des Pfeils darauf der sich gehen die Verbiegung/Knickung wehrt.
Zusätzlich ist der Abschuß auch die Anregung zum Schwingen des Pfeils mit seinen Eigenfrequenzen.
Der Abschuß bewirkt also zwei Sachen. (Das ist was anderes als wenn er eine Sache bewirkt und diese Sache dann eine weitere Sache verursacht.)
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Moin.
Genau darauf wollte ich hinaus. Ich verstehe Mathe und Physik. Bei der Anwendung von Formeln bin ich aber eine Niete.
Da der Pfeilflug eine komplexe Sache ist, wäre mein Ansatz ihn in seine Teile zu zerlegen und einzeln zu betrachten. Dann findet man auch was miteinander und gegeneinander arbeitet.
Warum? Ich habe viele Pfeile fliegen sehen. Weich bis steif. Was ich da sehe ist keine einfache Schwingung. Es ist eher eine Welle die von Spitze zur Nocke geht.
Ich kann nicht bestätigen, dass der Pfeil schnell aufhört zu schwingen. Zumindest nicht bis 20m. Auch auf 40m sieht man die Schwingungen noch.
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Meine Frage ist.
Wenn man sich vorstellt der Pfeil schwingt um seinen Schwerpunkt. Dann kann man doch berechnen wie er vorne und hinten schwingt?
Das sollte doch einfacher zu rechnen sein als die Schwingung des Schwerpunktes um zwei Punkte. Beziehungsweise wenn man beides hat läßt sich daraus doch bestimmt etwas zur Bestimmung von Spine, Länge und Spitzengewicht entwickeln.
b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

Ich bin mir nicht sicher ob das leichter zu berechnen ist.
Ich bin mir aber auch nicht sicher ob ich überhaupt Deine Beschreibung richtig verstehe. Geht das nur mir so?
Evtl. kannst Du eine Skizze machen und hier einfügen? Ein Bild macht es vielleicht deutlicher.

Meinst Du nun die (Eigen)Schwingung des Pfeils?
Da bin ich ja eigentlich der Meinung das diese keinerlei Orientierungsänderung des Pfeils bewirkt und somit keinen Hinweis auf "steif" oder "weich" geben würde.
Einen Modellansatz gibt es, bei dem abgeschätzt wird ob der Pfeil in der Zeit vom Fingerlösen bis zum Vorbeiflug der Nocke am Button die lehrbuchmäßigen "Schwingungen" erledigt, zuviel davon macht oder zuwenig.
Lehrbuchmäßig heißt: ist ein Pfeil zu steif, dann schwingt er im Abschuß schneller als ideal. Vice versa schwingt ein zu weicher Pfeil zu langsam sodaß dieser im Extremfall sein Heck nicht rechtzeitig wieder vom Bogenfenster wegschwingt und mit diesem zusammenprallt.
In dem Fall ist auch nicht die Amplitude der Schwingung von Bedeutung, sondern "nur" die Schwing-Frequenz des Pfeils. Leider ist durch die inhomogene Massenverteilung im Pfeil (vor allem die Spitze) und dem Umstand das der Pfeil frei fliegt/schwebt und nicht irgendwo aufliegt, selbst diese Berechnung nicht so einfach. (Wobei es gibt ja einige Personen die das schon erfolgreich gemacht haben.)
Aber eigentlich müßte man auch schon die Anregung zur Schwingung mit in diesem Zeitabschnitt berücksichtigen. (Und damit meine ich dezidiert nicht das was ullr in seinen Berechnungen fabriziert.)

Oder meinst Du eher das "pendeln" bzw. "gieren" des Pfeils um seinen Schwerpunkt beim Abschuß?
Da hätte ich jetzt gar keine Idee wie man da etwas einfacher ansetzen könnte.

Sebastian, Du hast doch offenkundig Erfahrung mit dem Simulationsprogramm von Park. Zumindest sind Dir Grenzen und Schwächen darin bewußt.
Meinst Du mit dem Programm läßt sich keine vernünftige Bestimmung von Spine, Länge und Spitzengewicht machen die auch in der Praxis hält?
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Ich habe nicht so viel Erfahrung mit Parks Programm. Ich habe mit Florian Unruh ein bisschen damit gespielt. Der ist halt der Zahlenfuchs schlechthin.
Ich denke das es sehr gut funktioniert. Wahrscheinlich stellt es mathematisch auch die Grenze des Möglichen dar. Oder liegt dicht daran.
Mein Problem ist, ich denke zu einfach. Deshalb gehe ich lieber den Weg über Bild und Praxis und dann zur Theorie.
Was ich mit Schwingt um den Schwerpunkt meine wird wahrscheinlich gieren sein. Ich möchte es theoretisch seperieren. Beim Lösen der Sehne entsteht eine Schwingung und durch die Kraft der der Beschleunigung entsteht eine Schwingung. So stelle ich es mir vor. Eine dieser Schwingungen könnte um den Schwerpunkt schwingen. Die Andere überlagert aber. Und so könnte dann optisch eine Welle entstehen.
Das mit dem Vorbeiflug der Nocke und wo sie am Weitesten ausschlägt ( vor dem Bogen oder hinter dem Bogen Richtung Sehne) haben wir mal getestet.
Mit synchronisierten Kameras. Ich meine es war genau andersherum. Das schaue ich nach!
b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

Ich denke ich komme langsam dahinter was Du meinst - zumindest das was Du als Welle im Pfeil optisch wahrnimmst.
Bei solchen Beispielen versuche ich immer etwas zu finden was jeder kennt bzw. selbst ausprobieren kann. Hierzu fällt mir ein langes schwere Seil oder Tau ein, welches man an einem Ende festhält und einmal auf und ab (oder links und rechts) schüttelt. Dabei entsteht eben so eine Welle die am Seil entlang nach vorne läuft. Wird das Seil am gegenüberliegenden Ende an der Wand befestigt und auch deutlich gespannt, dann wird die Welle dort am Knotenpunkt reflektiert. Kommt die Welle von oben zur Wand, klappt sie dort am Knotenpunkt nach unten und läuft wieder zurück, von der Wand weg. Im Grunde hat man eine Saite. Auch bei Gitarrensaiten läuft genau so eine Welle durch; bei gestrichenen Saiten (Geige) kennt man es als Helmholz Motion.
Eine Theorie:
Beim Lösen passiert mit dem dem Pfeil eigentlich das gleiche. Das Heck wird mal extrem schnell zur Seite geschleudert (wie beim Seil). Das ist eigentlich der Start der Welle wobei die Nocke auch schon den Gipfel der Welle darstellt. Die Welle wandert nach vorne zur Spitze. Die Masse der Spitze wirkt als semi-festes Ende, zumindest wird die Welle dort umgeklappt und läuft auf der anderen Seite wieder zurück. Das Heck selbst ist ein offenes Ende, weshalb hier die Welle auf der selben Seite zurück reflektiert wird.
Bild
Das vermutlich sehr verwirrende daran ist, daß der Schaft ja ansich kein flexibles Teil ist wie ein Seil. Das heißt der Wellenberg ist sehr lang gezogen. Und in dem Fall wahrscheinlich sogar länger als der Pfeil selbst. Das heißt wiederum das der vordere Teil der Welle bereits an der Spitze reflektiert wird während das Heck noch dabei ist vom Wellenberg runter zu kommen. Je steifer der Spine desto länger ist der Wellenberg, was wiederum dazu führt das er früher an der Spitze ankommt...

Mathematisch läßt sich das als eine Addition von Schwingungen beschreiben (Fourier) und zwar mit einer Grundschwingung und jenen Oberschwingungen die ein ungerades ganzzahliges Vielfaches der Grundschwingung sind. Das sind jene die die dreifache, fünffache usw. Frequenz der Grundschwingung haben. Das paßt sehr gut zu den Pfeilen, deren zweite Oberschwingung ca. die dreifache Frequenz der Grundschwingung haben.
Park erklärt das in seinen Arbeiten so, nämlich das die zweite Oberschwingung der Grund dafür ist warum der Pfeil zu bestimmten Zeitpunkten sogar Schlangenförmig bzw. S-förmig gebogen zu sehen ist.
Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 15. Dez 2023, 21:50 Das mit dem Vorbeiflug der Nocke und wo sie am Weitesten ausschlägt ( vor dem Bogen oder hinter dem Bogen Richtung Sehne) haben wir mal getestet.
Mit synchronisierten Kameras. Ich meine es war genau andersherum.
Du hast Recht. Ich habe halt keine Highspeed Kameras und auch keine Flash Fotografie zur Verfügung. Deshalb kann ich nur auf Parks Programm zurück greifen:
X10 steif vs weich2.jpg
Zu sehen ist eine Überlagerung von einem zu weichen mit einem zu steifen Pfeil. Die Zahlenwerte gehörem zum weichen Pfeil.
In der mittleren Grafik ist der obere Pfeil der zu weiche. Dessen Nock ist tatsächlich weiter vom Button weg als beim zu steifen Pfeil.
Was auffällt ist, das die Pfade der Spitzen praktisch gleich sind.
Am Pfad der Nocke erkennt man allerdings doch, daß beim steiferen Pfeil (hier in dem Beispiel) die seitliche Auslenkung der Nocke insgesamt weniger ist und das die Nocke auch schon früher zurück schwingt - bzw. schneller schwingt.
In Kombination mit der Lage der Spitze bedeutet dies, daß die Orientierung des steifen Pfeils sich in Schußrichtung gegen den Uhrzeigersinn um den Schwerpunkt dreht. Die Grafik zeigt ja den Pfeil als würde man von oben drauf schauen.
Bei weichen Pfeil macht die Nocke tatsächlich einen größeren Weg um den Button herum. (Wobei sie zeitlich später diesen Weg einschlägt - hier noch rechtzeitig bevor sie am Bogenfenster anschlägt ;) )
Zwar ist die Spitze an der gleichen Stelle wie beim steifen Pfeil, doch weil die Nocke weiter vom Button entfernt ist, ist die Orientierung des Pfeils gegenüber dem steifen Pfeil im Uhrzeigersinn verdreht.

Das führt 1:1 wieder zurück zu Deiner These im Eröffnungsbeitrag
Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 14. Dez 2023, 13:19 Wenn nun der hintere Teil stärker schwingt als die Spitze fliegt der Pfeil mit der Spitze rechts und dem Heck links.
Wenn der hintere Teil schwächer schwingt als die Spitze fliegt der Pfeil mit der Spitze links und dem Heck rechts.
Für rechtshand.
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b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

Ähnlich verhält es sich wenn man nur die das Spitzengewicht ändert.
Eine leichtere Spitze macht die Eigenfrequenzen des Pfeils höher, aber läßt den Pfeil auch schneller fliegen. Wegen letzterem sind Spitzen- und Nockpfade nach vorne verschoben. Die Nocke ist wieder tendenziell seitlich näher am Button, die Spitze dagegen einen Hauch weiter weg als mit schwerer Spitze. Was wiederum bedeutet das der Pfeil seine Orientierung gegen den Uhrzeigersinn verdreht.
Die Nocke beim Pfeil mit schwerer Spitze ist seitlich weiter weg vom Button, er verdreht seine Orientierung im Uhrzeigersinn.
X10 Spitze leicht vs schwer.jpg
-------------------------------------------

Die These scheint bestätigt zu werden.

Diffiziler gestaltet es sich allerdings wenn man die Nockenmasse verändert.
Die höhere Masse am hinteren Schaftende reduziert die Eigenfrequenzen, ganz so wie es bei einem Pfeil ist der einen weicheren Spine oder einen längeren Schaft hat. Bezieht man sich also rein auf die Eigenfrequenz würde man erwarten das dieser Pfeil (mit schwerer Nocke) weicher reagieren würde. (Dieser Knackpunkt ist auch schon einem ehemaligen Forumsmitglied aufgefallen bei einem Berechnungsmodell welches eben nur nach der Grundfrequenz geht.)
Tatsächlich (laut Park) schwingt die schwerere Nocke näher am Button vorbei als die Leichte und der Pfeil reagiert (wie aus der Praxis bekannt) etwas steifer. Eine Erklärung dafür habe ich noch nicht.
X10 Nocke leicht vs schwer.jpg
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Bei dem Ganzen scheint es für mich im Moment undenkbar ein einfacheres Modell zu bekommen, welches trotzdem die feinen Nuanzen zwischen steif und weich reagierenden Pfeilen (zuverlässig) unterscheiden kann.
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abgemeldet01

Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von abgemeldet01 »

b_der_k_te hat geschrieben: 15. Dez 2023, 12:52
...
Ich sage das diese Eigenschwingungen sehr lange schwingen. Die Dämpfung, also das Abklingen der Schwingung ist nicht so stark wie Ullr da behauptet. Was ist schon lange? Man bedenke nur das ein Pfeil je nach Distanz nur etwas mehr oder weniger als eine Sekunde lang unterwegs ist....
Ja, diese Eigenschwingungen werden schon eine Weile andauern. Vielleicht sogar bis der Pfeil auf 90m in die Scheibe einschlägt. Vielleicht hätte ich schreiben sollen/müssen, dass die Amplitude sehr klein wird.
Wir haben vor Jahrzehnten mal Flugzeitmessungen bis auf 90m durchgeführt, das Verfahren ist auf meiner Website geschildert. Man kommt auf Zeiten unter 2s auf 90m Flugstrecke und eine knappe Sekunde für 50m. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass bei diesen kleinen Amplituden die Biegeschwingung unsymmetrisch (wie beim Start) nicht fortdauert, sondern nach 15-20m Flug sich komplett zu einer symmetrischen Biegung ändert. Bei konischen/gebarrelten Pfeilen wird -vielleicht- die Stelle der max. Durchbiegung etwas asymmetrisch liegen, bei zylindrischen symmetrisch. Die Spitzenmasse wird da keine Rolle mehr spielen.
Das untersuchen?
[Ironie] Ich schlage drei Institute/Firmen vor:
Batelle in Frankfurt
IABG in Ottobrunn
ISL in Saint Lois
Kosten: min 2 Mio €
[/Ironie]
Aber letztendlich sind das alles Spekulationen.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Moin.
Die Schwingung kann man mit einer Kamera über der Scheibe aufnehmen. Das ist gar nicht so problematisch.
Zu dem Gewicht im Heck des Pfeiles.
Wenn man sich vorstellt, der vordere Teil des Pfeils zieht den Hinteren im Bogen um den Bogen. Wenn jetzt die Nocke schwerer wird, wird das Heck auch träger. Das hieße auch es kann der Schwingung nicht folgen.
Das Programm von Park kann wirklich viel, und ist sehr Praxisnah.
Auch den Vergleich zum Tau finde ich sehr gut. Sowas geht genau in die Richtung wie ich denke.
abgemeldet01

Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von abgemeldet01 »

mark1968 hat geschrieben: 15. Dez 2023, 13:24 ...
Ich weiß gerade nicht, ob du das meinst: Der Pfeil wird nur eine Weile weiterschwingt, wenn er den Bogen verlassen hat. Wenn Du das so meinst, denke ich, dass das nicht ganz richtig ist.
Die Schwingung setzt sich (natürlich wird sie nach und nach abgeschwächt) in dem Fall HIER zu zur Scheibe auf 70mtr fort. Falls du etwas anderes gemeint hast, SORRY. Dann hab ich das nur nicht verstanden. :roll: :D

Gruß
Markus
Hallo Markus,
Danke für das Video.
Diese Pfeilschwingung hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Innen- und Außenballistik, deshalb hat sie mich nicht groß interessiert.
Ich habe ein kleines Experiment gemacht:
Ein Pfeil wird oben am Nock angefasst und mit einen Holzstab in der Mitte angeschlagen. Der Pfeil vibriert tatsächlich irgendwo eine Zeitlang zwischen einer und zwei Sekunden. Das bedeutet, auf die Flugbahn bezogen, dass er schon bis 90m biegeschwingen kann.
Man lernt also nie aus... :D
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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