Pfeilschwingung/Eine These

Fragen, Themen die sich mit dem Pfeil und dem Pfeilflug an sich befassen
Radian
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Radian »

Papiertest wurde mit dem Recurve von zwei ehemaligen Kadermitgliedern und Paralympicsteilnehmern in unserem Verein Ende der 90er mit ACE Rohschäften gemacht, Abstand zum Papier Stabilänge + 10 cm bis maximal 4-5 m. Steht auch im Easton Tuning Guide, auch für Recurve, da werden allerdings Lochmuster gezeigt, die eher nach einem Pfeil mit Plastikvanes aussehen. Damals hatten wir Packpapier von der Rolle oder Blätter von Disponentenblöcken als Papier, ob da Spinwings überhaupt einen Riss hinterlassen hätten, oder lieber dankend den Schaft verlassen hätten, kann ich nicht sagen. Ein "bullethole" wie beim Compound kann ich nicht erinnern, da war immer in der horizontalen Ebene etwas zu sehen. Uns ist nie ein Referenzwert mitgegeben worden, so nach dem Motto xy mm Abweichung sind gut, alles darüber nicht. Da das Ergebnis mangels Wissens damit für uns nicht so aussagekräftig war, wurden dann nur Rohschafttest und Walkback-Test regelmäßig gemacht, weil wir da eher Hilfen hatten, um aus den Ergebnissen schlau zu werden.
Den Papiertestrahmen habe ich gefühlt seit mehr als 15 Jahren gar nicht mehr gesehen.
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Radian
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Moin.
Ich habe einen weichen, langen Rohschaft genommen. Der fliegt Spitze rechts. Dann immer weiter geschnitten und geschossen bis die Spitze links fliegt. Dabei entsteht ein Riss der erst kleiner und dann wieder größer wird. Ein exaktes Bullethole bekommt man mit Glück, aber der Riss wird sehr klein. Je größer die Distanz zum Papier desto größer der Riss.
b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

(Mal wieder) James Park hat dazu auch eine Arbeit gemacht. "Arrow behaviour in free flight"
Ich bin leider nicht im Besitz dieses Papers, kann also gar nichts Genaues darüber sagen.
Im Netz kann man nur die Einleitung
In this paper, the arrow behaviour in free flight in the horizontal plane and without wind has been analysed. A finite difference method was used to solve the equations of motion. This was compared with the measured behaviour for arrows shot from a compound archery bow (although the results are also applicable for recurve bows). Given typical initial conditions, the arrow oscillates longitudinally about its centre of mass, with the period and damping largely determined by the fletch area, and gains a lateral velocity component and lateral displacement. For normal fletch sizes the oscillation will be under-damped.
sowie die darin enthaltenen Bilder finden. Doch diese sind recht aufschlußreich.


Deckt sich mit Sebastians Beobachtungen mit dem unbefiederten Pfeil:

Bild
Fig. 10 The calculated down-range position and behaviour (i.e. arrow orientation) for an Easton Technical Products Protour 470 without fletches

Aber dazu kurze Gegenfragen Sebastian: Wurde parallel zum Papiertest auch der klassische Blankschafttest durchgeführt um zu sehen ob zwischen beiden Tests eine Korrelation besteht?
Wenn ja, hat sich die Position des stückweise gekürzten Rohschafts in der Gruppe der Befiederten nicht auch verändert? Oder war der immer mit in der Gruppe? Wurden dazu die befiederten Pfeile ebenso stückweise gekürzt?
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Nein und trotzdem ja.
Parallel habe ich das nicht gemacht. Aber meine Vorgehensweise beim klassischen Rohschafttest ist die Gleiche. Der Rohschaft wandert von rechts in die Gruppe und dann nach links. Die Befiederten werden auch geschnitten und wandern nur minimal von rechts nach links. Das Papier ist allerdings noch genauer. Die Voraussetzungen ist natürlich ein gut und gleichmäßig schießender Schütze. Und eine Wiederholung reicht da meistens nicht aus.
abgemeldet01

Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von abgemeldet01 »

Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 19. Dez 2023, 18:32 Die genaue Abstimmung von Pfeil und Bogen ist eben nicht damit abgeschlossen einen Rohschaft auf 10m in die Nähe der Befiederten zu bekommen.
Man braucht nur einen vermeintlichen gut fliegenden Rohschaft durch Papier schießen und sieht wie es ist.
...
Die reicht locker.
Bis max 18m (10m reichen aber locker) kann man unbefiederte Pfeile im Vergleich zu befiederten schießen.
Rechtshand Schießen:
Der Unbefiederte wird, wenn eine vernünftige Abstimmung vorliegt, immer sehr nahe am Treffbild der befiederten einschlagen, entweder einen Ticken links, dann ist er einen Hauch zu steif - oder rechts, dann etwas zu weich.
Beim Linkshandschießen ist es umgekehrt.
Die Abstimmung erfolgt mit höheren Spitzenmassen (bei zu hart) oder durch
vorsichtiges kürzen des Schaftes (bei zu weich)
Liegt der Treffer hoch oder niedrig, muss die Nockpunkthöhe korrigiert werden.
So "einfach" ist es.
Jetzt wird es etwas komplizierter...
Ein Spitzenschütze ist natürlich hinter kleinen Treffbildern hinterher, und er hat auch eine vernünftige Begründung dafür.
Weitere Maßnahmen für Spitzenschützen:
Wenn die Abstimmung stimmt, die richtige Schaftlänge des Pfeiles, die Befiederung, der zu verwendende Nock festliegt, die Kombination sorgfältig auf 10m ausgeschossen wurde, dann wird es zeitaufwendiger und treibt auch die Kosten in die Höhe.
Es werden ca 12 Pfeile laboriert und jeder Pfeil mit einer Nummer versehen.
Jetzt beginnt das Treffbildschießen, um den optimierten Pfeilsatz für Wettkämpfe und Turniere herauszufinden. Die einfachste Methode ist hier beschrieben:
https://cnentwig.home.ktk.de/10_04_17_K ... sschiessen
Die technisch beste Methode ist:
https://cnentwig.home.ktk.de/31_08_15_A ... ldern.html
Wer natürlich lieber über Papierdurchschüsse und Ähnlichem meditieren möchte, bitte schön. Es kostet eben Zeit und Ausdauer um sich mit der Außenballistik zu beschäftigen.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
b_der_k_te
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von b_der_k_te »

Off Topic :
wie angekündigt hat sich eine Textpassage hier nun selbst gelöscht


Ich jedenfalls danke Sebastian für seine Ausführungen. Ich sehe sie als Bereicherung des Forums.
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Vielen Dank, und bitte gerne.
Vielleicht wird manchmal vergessen, dass wir hier über das Optimum reden.
Was am Ende reicht, um Olympiasieger zu werden, steht auf einem anderen Blatt.
Ich denke aber, dass Optimale Voraussetzungen, seitens des Materials, die Chancen massiv erhöhen.
Was ich tatsächlich auch weiß, ist, dass die Gruppierung eine direkte Verbindung zum Pfeilflug ab 0m hat.
Natürlich die Gruppierung die ein Mensch zustande bringt. ;)
Ich muss noch eines sagen. Fast alles was ich hier bis jetzt geschrieben ist nichts neues. Das gab es wahrscheinlich schon in den 80ern.
Wahrscheinlich ist es in Vergessenheit geraten.
abgemeldet01

Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von abgemeldet01 »

Radian hat geschrieben: 20. Dez 2023, 09:32 Papiertest wurde mit dem Recurve von zwei ehemaligen Kadermitgliedern und Paralympicsteilnehmern in unserem Verein Ende der 90er mit ACE Rohschäften gemacht, Abstand zum Papier Stabilänge + 10 cm bis maximal 4-5 m. ...
Den Papiertestrahmen habe ich gefühlt seit mehr als 15 Jahren gar nicht mehr gesehen.
Alle ins Gold
Radian
Ich stehe den Papierdurchschusstests skeptisch gegenüber.
Ich habe die Dokumentation einer sorfältige Pfeil/Bogen Abstimmung, die ich später, um mein Programm zu überprüfen, nachgerechnet habe.
Der Pfeil:
ACC 3L-04, Spine750, kein Insert, Spitze, Schaftlänge 704mm
Der Pfeil flog super, er war nicht durch Rechnung, sondern normal mit Tabellenwerten, Beschuss und vorsichtige Schaftkürzung abgestimmt worden.
Meine Modellrechnung ergab:
Biegefrequenz: 43Hz
Max. Durchbiegung: 7cm
Minimaler Freigang Button-Pfeilschaft: 5,6mm.
Wie gesagt, der Pfeil flog super, der Schütze war sehr zufrieden mit den Treffbildern.
Ich habe jetzt mal mit meinem Modell überprüft, was passiert, wenn der Pfeil etwas steifer gewesen wäre.
Der Spine wurde mit 720 angenommen.
Biegefrequenz:45Hz
Max Durchbiegung: 3,7cm
Minimaler Freigang:2,6mm
Der Spine wurde also um 4% herabgesetzt. Die Auswirkung war, dass die max Durchbiegung und der minimale Freigang um 50% herabgesetzt wurden.

Oder der Spine bleibt gleich, aber die Schaftlänge wird verkürzt.
Um 5mm Länge also 699mm:
Max Durchbiegung: 5,4cm
Minimaler Freigang: 4mm

um 10mm Länge, also 694mm:
Max Durchbiegung: 3,4cm
minimalerFreigang: 2,1mm

Kleine Änderungen haben relativ große Auswirkungen.
Ich denke nicht, dass mit Papierdurchschüssen wichtige Aussagen für gute Abstimmungen erzielt werden können.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
Sebastian Rohrberg
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Kleine Änderungen haben ein große Wirkung.
Da sind wir vollkommen einer Meinung.
Jetzt müsste man nur noch wissen wieviel schräger ein 5mm kürzerer Pfeil fliegt.
Ist ja nicht so schwer sechs mal einen Rohschaft zu schießen.
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bkr_hro
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Re: Pfeilschwingung/Eine These

Beitrag von bkr_hro »

Wenn gestattet, mal eine Frage eines eher Praktikers und Nicht-Formel-Menschen...

Dieser Rohschafttest - natürlich kenne ich ihn.
Habe ihn aber schon immer angezweifelt und in den letzten recht vielen Jahren komplett "verdrängt".
Ich habe mich immer gefragt, woher die angenommene Entfernung zwischen Schütze und Papier (xx Meter, y Stabilängen (gibt ja nun mal unterschiedlich lange Stabies..., und und und ...) kommt, auf welcher Basis diese "empfohlen" wurden.

Ein "Recurve"pfeil schwingt, woher weiß der Sportler also, wo er stehen soll ?
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