technische Vorteile von Pfeilen mit dünneren Enden? (taper, barrel)

Fragen, Themen die sich mit dem Pfeil und dem Pfeilflug an sich befassen
Sebastian Rohrberg
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technische Vorteile von Pfeilen mit dünneren Enden? (taper, barrel)

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Moin.
Angenommen ich nehme einen zylindrischen, einen getaperten und einen gebarrelten Pfeil mit gleichem Spine, gleicher Länge und gleichen Komponenten.
So sollten sie, theoretisch, alle gleich hart oder weich auf dem selben Bogen reagieren.
Das tun sie aber nicht.
Der getaperte reagiert weicher als der zylindrische und der gebarrelte nochmal weicher.
Das ist aber nur ein Punkt.
Ein zylindrischer Pfeil fliegt dichter am Bogen vorbei als ein getaperter und ein gebarrelter Pfeil hat nochmal mehr “Luft“ zum Bogen. Auch wenn alle zum Bogen passen und eingestellt wurden.
Ich bin absolut kein Feind von theoretischen Berechnungen. Ganz im Gegenteil!
Doch ist alles was ich bis jetzt gesehen, gehört oder selber probiert habe nur eine Annäherung an die Praxis.
Montalaar
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von Montalaar »

Modelle sind toll. Modelle sollen Vorhersagen ermöglichen. Dabei müssen Modelle aber auch vereinfachen, unter anderem, weil nicht alle Parameter, welche in der Praxis relevant sind bekannt sind oder diese nicht vernünftig darstellbar sind. Damit Modelle präziser werden, müsste man jetzt also in vielen Serien versuchen die relevanten Parameter von den irrelevanten zu trennen und diese dann so gut dokumentieren, dass sie für ein - dann immer komplexer werdendes - Modell nutzbar sind.

Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo ausschiessen einfach besser funktioniert....
abgemeldet01

Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von abgemeldet01 »

Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 9. Dez 2023, 09:49 Moin.
Angenommen ich nehme einen zylindrischen, einen getaperten und einen gebarrelten Pfeil mit gleichem Spine, gleicher Länge und gleichen Komponenten.
...
Getapert: Der Durchmesser nimmt von vorne nach hinten ab. Oder umgekehrt
Zylindrisch: Der Durchmesser bleibt gleich.
Gebarrelt: Der Durchmesser nimmt von vorne zur Mitte hin zu, und ab da wieder ab...
Unter diesen Vorraussetzungen wird der zylindrische Pfeil die maximale Durchbiegung bei der Spine Messung in der Mitte haben, der getaperte sie etwas zum kleineren Durchmesser verschoben, und der gebarrelte sie wieder in der Mitte haben, wenn meine Definition richtig ist.
Nur, die Lage der Primärdurchbiegung wird beim Abschuss nach vorne verschoben sein, siehe "Archery Technology" von Dr. James L Park.
Wenn nun ein Rechnermodell entwickelt wird, das von dem Spinewert des Pfeiles, der Endhaltekraft und der Innenballistik des Bogens bestimmt wird, werden o.a. Merkmale zusätzliche Komplikationen bewirken. Besondere Vorteile von "getapert" oder "gebarrelt" sehe ich nicht.
Mein Modell (nur für Recurve) rechnet mit der maximalen Durchbiegung in der Mitte des Pfeiles.
Die "Behauptung" der Pfeil Easton RX7, der getapert ist, hätte auf kurze Distanzen sehr gute "Flug"eigenschaften ist leer, ich finde keine aerodynamische Begründung dafür.
[Spott 8-) ]Der einzige Vorteil wäre, dass er ein größeres Durchschussloch auf der Zielscheibe erzeugt. [/Spott :lol: ]
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
Sebastian Rohrberg
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Moin.
Ein nach hinten dünner, weicher und leichter werdender Pfeil hat mehr “Clearence“. Das Pfeilende fliegt mit mehr Abstand an Button und Pfeilauflage vorbei.
Auch ist die Amplitude des Pfeilheck im Flug größer. Ich denke schon, dass das zu einer einfacheren Stabilisierung des Pfeilfluges beiträgt.
Aerodynamisch ist die Form wahrscheinlich wumpe. Zylindrischen zumindest solange es nicht Kühlschrankförmig ist.
abgemeldet01

Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von abgemeldet01 »

Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 10. Dez 2023, 18:15 Moin.
Ein nach hinten dünner, weicher und leichter werdender Pfeil hat mehr “Clearence“. Das Pfeilende fliegt mit mehr Abstand an Button und Pfeilauflage vorbei.
...
Wenn der Pfeil -einigermaßen- gut abgestimmt ist, wird der geringste Abstand, den der Pfeilschaft vom Button hat, im Bereich von ca 2-11mm liegen. Diese Stelle wird ca. bei einem Drittel der Pfeillänge (von hinten gesehen) liegen. Verlinkung wegen kontroversem Inhalt vom Moderator herausgelöscht. Die Durchmesserverringerung durch tapern wird diesen Abstand, der sehr klein sein kann, nur unbedeutend verringern.
Auch ist die Amplitude des Pfeilheck im Flug größer. Ich denke schon, dass das zu einer einfacheren Stabilisierung des Pfeilfluges beiträgt.
Weshalb? Der Pfeil wird weiter seine Biegeschwingungen ausführen, deren Amplitude immer kleiner wird. Das hat nichts mehr mit dem stabilen Flug des befiederten Pfeiles zu tun. Und unbefiederte Pfeile auf größere Entfernungen zu schießen ist nutzlos.
Aerodynamisch ist die Form wahrscheinlich wumpe...
Ja.
Unterschiedliche Pfeilschafteigenschaften sind nur in den Fertigungstoleranzen wirklich zu finden. Und hier hilft nur das Ausschießen des besten Satzes.
Hier das technisch aufwendige Verfahren
und hier die praktische Anwendung

Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
Christian
Sebastian Rohrberg
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von Sebastian Rohrberg »

Bei einem passend abgestimmten Pfeil hat das Pfeilende ( Befiederund, Nocke) den größten Abstand zum Button. Bei einem Steifen Pfeil wäre es vor dem Bogen in Richtung Scheibe. Bei weich hinter dem Bogen in Richtung Sehne.
Ein passender zylindrischer Pfeil hat auch am Button den größten Abstand. Aber der Abstand ist geringer als bei einem gebarrelten Pfeil der passt.
Ein Pfeil mit Pinnocke, Klebefolie und Gummifedern fliegt auch dichter am Bogen vorbei als einer mit Innocke und leichten Spinwings.
Diese Versuche wurden mit 2 synchronisierten Highspeedkameras gemacht. Ob 6000 oder 8000 Bilder weiß ich nicht mehr.
Für uns waren die Erkenntnisse nicht so interessant, da wir mit unserer Methode schneller und wesentlich präziser sind.
Es verhält sich auch so, dass ein zylindrischer Pfeil steifer reagiert als ein gebarrelter mit gleichem Spine. Auch reagiert der zylindrische Pfeil mehr wenn man ihn abschneidet.
Warum nun die größere Amplitude helfen könnte den Pfeil schneller stabil fliegen zu lassen weiß ich noch nicht. Es ist eine Vermutung der ich noch nachgehe.
Es gibt aber eine klare Tendenz zu gebarrelten Pfeilen bei Spitzenschützen. Gut. Die werden gesponsert. Ich kenne aber genug die auch andere Schäfte geschossen haben und ganz klar sagen, dass der gebarrelte Schaft die konstanteren, höheren Ergebnisse bringt.
Man kann davon ausgehen, dass diese Schützen ihre Schäfte prüfen und sortieren. Nur um dem Argument Herstellungstoleranz entgegenzuwirken.
b_der_k_te
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von b_der_k_te »

Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 9. Dez 2023, 09:49 Doch ist alles was ich bis jetzt gesehen, gehört oder selber probiert habe nur eine Annäherung an die Praxis.
Och, zwar sicherlich auch nur eine Annäherung, aber das Modell welches James Park da initiiert hat ist schon ziemlich gut.
Arrow behaviour X10 600.png
Arrow behaviour X7 584.png
Arrow behaviour C1 600.png
Dessen Simulation kann die grundsätzlichen Aussagen von Sebastian voll und ganz bestätigen. Also das mit weicher und härter reagierend und so.
Erstaunlich wie steif der Carbon One da reagiert.
Ebenso (für mich mit Aha-Effekt) das X10 und ACE weniger stark auf kürzen reagieren.
Nur das mit dem Abstand ist nicht ganz so simple. Da spielen die unterschiedlichen Spinewerte der verschiedenen Schafttypen zu stark rein. Auch die Schaft-Massen und die damit verbundenen Eigenschwingfrequenzen. (1st & 2nd mode)
Mache ich in der Simulation einen passenden Pfeil durch kürzen (10mm) steifer, verringert sich die berechnete Clearance gerade mal um 1-2mm. Um den gleichen Betrag vergrößert sie sich bei einem 10mm längeren Pfeil.

Ich mag aber mittlerweile nicht mehr die Begriffe getapert und gebarrelt. Hier eine Seite zurück habe ich gezeigt was das real bei den RX7 bedeutet. (Nämlich genau nix.) Beim X10 und ACE sieht es zwar besser aus (siehe beim X10 das Diagramm "arrow diameter" rechts oben), aber von der Easton PR-Maschnierie fühle ich mich trotzdem gefrotzelt.
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b_der_k_te
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von b_der_k_te »

Hier noch zum Vergleich weitere Pfeilschäfte ähnlichen Spines
Arrow behaviour ACE 620.png
Arrow behaviour Protour 620.png
Arrow behaviour ACG 610.png
Sebastian Rohrberg hat geschrieben: 10. Dez 2023, 21:43 Warum nun die größere Amplitude helfen könnte den Pfeil schneller stabil fliegen zu lassen weiß ich noch nicht. Es ist eine Vermutung der ich noch nachgehe.
Ad hoc hätte ich gesagt das die Befiederung dadurch mehr Einfluß gewinnt. Gar nicht so wegen dem größeren Ausschlag zur Seite und damit größeren Rückstellwirkung - weil die Amplitude wohl gar nicht um sooo viel größer ist. Sondern eher wegen dem schnelleren seitllichen Schwänzeln des Hecks und der so seitlich stark bremsenden Wirkung der Federn. Da das Heck noch dazu etwas leichter ist, kann es durch diese Bremswirkung schneller beruhigt werden.

Warum bieten andere Hersteller eigentlich nicht auch an den Enden runtergeschliffene Carbonschäfte an? Existiert ein Patent dazu, müsste es schon abgelaufen sein.
ullr hat geschrieben: 9. Dez 2023, 22:34 Nur, die Lage der Primärdurchbiegung wird beim Abschuss nach vorne verschoben sein, siehe "Archery Technology" von Dr. James L Park.
Die Seite in "Archery Technology" nennst Du mir bitte. (Abgesehen davon das Park niemals den Begriff "Primärdurchbiegung" verwendet hat.)
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Radian
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Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von Radian »

Zur Frage der Herstellung von an den Enden abgeschliffenen Carbonpfeilen hatte ich mal im amerikanischen Forum eine Diskussion gesehen, u.a. mit Rick Mc Kinney. Tenor war, dass Easton das macht, weil sie das können und das bei Alu-Carbonpfeilen Sinn macht. Das Verfahren sei technisch aufwändig und produziere, wenn man die Qualitätskontrolle ernst nimmt, mehr Ausschuss- macht die Pfeile teurer.
Andere Hersteller nehmen wohl von Alu-Carbon Konstruktionen mehrheitlich Abstand, weil die Fertigungsanlagen für die präzisen Aluröhren ein enormes Investment bedeuten, das alles vor Produktion des ersten Schaftes und dem Versuch, gegen Easton Marktanteile gewinnen zu müssen.
Produziert wird mehrheitlich Vollcarbon, und wer dann wirklich Spitzenprodukte für Recurvefingerschützen will, arbeitet mit wie es bei Carbonexpress genannt wurde "Tri- Spine" Technologie, der Schaft ist parallel, aber mit unterschiedlicher Steife des Carbons Front, Mitte, Ende. Der Effekt ist laut dem Schützen, der damit eine Olympiamedaille gewonnen hat (Frangilli 2012) vergleichbar dem beim ACE/X 10 (steife Mitte, weichere Front- und Endpartie). Es wird also nicht abgeschliffen, weil in diesem Fertigungsverfahren die unterschiedliche Wicklung des Carbons zum gewünschten Effekt führt.
Preislich für den Endverbraucher leider kaum ein Unterschied, also scheint der Ausschuss auch bei der Herstellung der Tri- Spine Schäfte nicht ohne zu sein...
Alle ins Gold
Radian
abgemeldet01

Re: Alu-Pfeile Easton RX7

Beitrag von abgemeldet01 »

b_der_k_te hat geschrieben: 11. Dez 2023, 02:09 ....
ullr hat geschrieben: 9. Dez 2023, 22:34 Nur, die Lage der Primärdurchbiegung wird beim Abschuss nach vorne verschoben sein, siehe "Archery Technology" von Dr. James L Park.
Die Seite in "Archery Technology" nennst Du mir bitte. (Abgesehen davon das Park niemals den Begriff "Primärdurchbiegung" verwendet hat.)
Seite 68 und 72
Daran hab ich mich vor -zig Jahren nicht getraut. Die Annahme, dass die Durchbiegung symmetrisch erfolgt, vereinfacht das Modell. *)
Die Primärdurchbiegung definiert in meinem Modell beim Start die Größe der ersten Durchbiegung (->"Primärdurchbiegung"). Nach ca. 2ms ist die Beschleunigungskraft soweit abgesunken, (unter die kritische Knickkraft) dass der Schaft jetzt frei seine Biegeschwingungen ausführt.
Und Bernd, mit Dr. James Park werde ich mich nicht messen. ;)
Der spielt in einer anderen Liga.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
PS.
*) Mein Modell habe ich entwickelt, um die Abstimmung Pfeil-Bogen (Recurve) exakt zu bestimmen. Und dieses Modell hat über Jahre bewiesen, dass es ohne Fehler funzt. Rund 50 Systeme habe ich gerechnet und die Abstimmung im Beschuss (10m, unbefiederter Pfeil) überprüft.
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